Bewertung : 9 von 10 Punkte

“Fragments Of The Inner Shadow”, das erste offizielle Album der Band Javelin, erzählt eine dramatische und beängstigende Geschichte: Eine Militäreinheit hat eine Stadt aller ihrer Erwachsenen beraubt und füttert nun fürchterliche Schattenkreaturen mit der Angst der verbliebenen Kinder. Jede Nacht werden einige der Kinder entführt und in einer Grube, in denen die Kreaturen hausen, mit diesen und ihrer Angst alleine gelassen. Die Angst der Kinder ist das Lebenselixier der Ungeheuer. Genau dieses Horrorszenario schildert ein verzweifeltes Mädchen im Intro “Help Us”.
Der darauffolgende Track mit dem Titel “The Arrival” beginnt mit einem schnellen Rhythmus und mit eingängigem Gitarrenspiel. Er folgt einer klar geregelten Struktur bestehend aus Strophe, Bridge, Refrain und einem kurzen Gitarrensolo vor dem letzten Refrain.
Der Song erzählt von der Ankunft der Militäreinheit und der Eroberung der Stadt.
Er ist ein guter Repräsentant des gesamten Albums, das aus kraftvollen und mitreißenden Power Metal Songs besteht, die alle mehr oder weniger derselben erwähnten Struktur folgen.
Die Intros der Songs sind oft unheimliche und bedrohliche Geräusche, wie etwa Schritte, tropfendes Wasser und eine quietschende Tür in “Birth Of A Plague” oder ein Sturm in “Down”.
Javelin beherrschen ihr Handwerk, das hört man ihren Songs deutlich an: Der Gesang von Carsten Hille ist typischer und sehr gekonnter hoher Power Metal Gesang, die Gitarren werden abwechslungsreich und stimmungsvoll eingesetzt, in einigen Songs werfen die Gitarristen immer wieder dasselbe, eingängige Motiv ein, das sich einprägt und dem jeweiligen Titel so einen noch höheren Wiedererkennungswert verleiht.
Die Rhythmusinstrumente werden oft sehr schnell gespielt und bilden zusammen eine dynamische und treibende Einheit, die für die Mächtigkeit der Songs verantwortlich ist.
Dass die Stücke fast alle derselben geregelten Struktur folgen, macht sie zwar vorhersehbar, das ist aber nicht schlimm oder langweilig und bedeutet auch nicht, dass die Songs alle gleich klingen. Denn was Stimmung und Tempo betrifft, unterscheiden sich die Songs teilweise recht stark voneinander und auch innerhalb der einzelnen Stücke sorgen Javelin für viel Variation.
“Birth Of A Plague” etwa ist ein episches, dramatisches Lied mit einem Solo, das mit seinem plötzlich sehr hohen Tempo den eher langsamen Song durchbricht, während “Down” passend zu seinem Sturm-Intro stürmisch und wütend ist und von einem entsprechend kreischenden Solo gekrönt wird. Ähnlich aufgebracht klingt “Falling” mit seinen deutlichen Heavy Metal Bezügen.
“Healing” hingegen ist ein tieftrauriges Lied. Eine Akustikgitarre, Streicher, eine klagende E-Gitarre und ein schwerer, langsamer Rhythmus begleiten hier den ruhigen und emotionalen Gesang.
Einer der eingängigsten Songs ist “Lie To Me”, der insbesondere durch sein bei der Begleitung der Strophen sehr sanftes, cleanes und auch sonst sehr stimmungsvolles Gitarrenspiel und seine tolle Melodie hervorsticht.
Auch “Closer To The Pain” fällt positiv auf: Das Stück beginnt verletzlich, ruhig und ganz akustisch, nach anderthalb Minuten kommt es zu einer regelrechten Explosion, der Song wird dramatisch und schnell, ein ausgiebiges und vielseitiges Solo, das ebenfalls ruhig beginnt und dann erst schnell und kreischend wird, rundet ihn schließlich ab.
Am Ende des Albums steht “Seasons Of Grey”, ein Stück, dessen dröhnender Bass ihm eine geradezu spürbare Schwere verleiht und der mit einem wechselnden Tempo und einem facettenreichen Gitarrensolo noch mal den Abwechslungsreichtum des Albums unterstreicht.
Die Songs folgen inhaltlich dem anfangs geschilderten Konzept, stets geht es um Bedrohung, um Angst und vor allem darum, diese Angst zu besiegen.
Die Songs vermitteln letztendlich, trotz ihrer unterschiedlichen Stimmungen und der Verzweiflung und Frucht, die aus einigen von ihnen sprechen, alle dasselbe Gefühl, nämlich die Hoffnung und einen starken Willen, die Angst zu besiegen, die die Kinder aus der Albumgeschichte an ihre ausweglose Situation bindet.
Obwohl ich einige der Songs als besonders herausragend hervorgehoben habe, befinden sich alle Songs insgesamt auf ungefähr demselben Niveau und passen, wie man es für ein gutes Konzeptalbum erwartet, alle gut zueinander und ergeben eine Einheit.
“Fragments Of The Inner Shadow” ist ein sehr gelungenes Debütalbum, das nun, wo es endlich veröffentlicht ist, Javelin hoffentlich einem etwas breiteren Szenepublikum verfügbar macht als bisher, denn Javelin gibt es nicht erst seit gestern: Schon seit 1982 ist die Band, damals jedoch noch in fast komplett anderer Besetzung, aktiv. Es hat also tatsächlich über 30 Jahre gedauert, bis die Musiker aus Hamm ihr erstes vollständiges Album veröffentlichen konnten (zwei EPs hatte es in der Bandgeschichte immerhin gegeben). Dafür haben sie ausreichend lange üben und sich aufeinander abstimmen können und nun sollten die Weichen gestellt sein für regelmäßige Veröffentlichungen.
Quelle: JAVELIN – Fragments Of The Inner Shadow von Fauna Flokati / NecroWeb Magazin.
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