Bewertung : 8.5 von 10 Punkte
Mit einem so klischeetriefenden Namen wie Grabnebelfürsten kann man nur ernst genommen werden, wenn man dann möglichst klischeefreie Musik macht.
Ich kann mich erinnern, wie ich vor einigen Jahren “Von Schemen Und Trugbildern” zum ersten Mal hörte und gleichzeitig angenehm überrascht war von der im Detail unorthodoxen Musik, wie auch unangenehm berührt von der absurden Stimmung, die Songs wie “Sakralästhetik” transportierten.
Ein zentrales Element des Grabnebelfürsten-Sounds war damals der vollkommen kranke Gesang von Sturm Deiner Winter, der heute nicht mehr ganz so hemmungslos entrückt tönt wie damals.
Die Avantgarde ist dennoch weder aus seiner Stimme noch aus der Musik der Band aus Bergisch Gladbach ganz gewichen, sie hat nur eine subtilere Rolle eingenommen.
Die Melodien wirken noch immer oft fremdartig, ausgesondert und paradox im Spannungsfeld zwischen einer finsteren Endgültigkeit und einem perversen Frohsinn; “Pro-Depressiva” ist die schwarzmetallische Entsprechung zu einem Clown, der an einem Strick von der Decke einer heruntergekommenen Dachboden-Kammer baumelt und mit dem letzten Atem ein unförmiges Ballontier bastelt.
‘So richtig’ Black Metal ist das jedenfalls nicht, obwohl es diverse Stil- und Spielelemente adoptiert. Da passt der stellenweise eingesetzte Klargesang, der bei aller Melodie immer unmelodisch, bei aller Harmonie immer disharmonisch klingt, ohne aber schief zu wirken.
Die Grabnebelfürsten bewohnen eine Sphäre, in der Musik nicht in Dimensionen wie Tonleitern oder Tongeschlechtern erfahren werden kann, wo man sich nicht zwischen Dur und Moll entscheiden muss, sondern irgendwie beides sein kann, ohne dabei ‘falsch’ zu klingen.
Ein so hohes Maß an Eigenständigkeit birgt Gefahren. “Pro-Depressiva” ist nicht besonders eingängig oder einprägsam, es ist sperrig und anstrengend, am Stück genossen sogar bis an die Grenze der (vermutlich beabsichtigten) Unerträglichkeit, gleichzeitig aber erst so richtig wirkungsvoll. “Pro-Depressiva” verlangt die Aufmerksamkeit des Hörers, stößt ihn aber unentwegt ab. Das könnte Kunst sein, es ist auf jeden Fall kein reines Konsumwerk. Man muss sich darauf einlassen und damit auseinandersetzen, um die lohnenswerte Erfahrung dieses Albums genießen zu können.
Die rohe Produktion passt zur Stimmung und bereichert das Konzept, könnte an manchen Stellen aber ein etwas kräftigeres Fundament vertragen.
Damit wird die Hörerschaft der Grabnebelfürsten vermutlich nicht zu stark anwachsen, dafür werden die wenigen, die eine Verbindung zu “Pro-Depressiva” herstellen können, umso faszinierter sein.
Musik für die etwas andere Black Metal Elite – und leider das Abschiedswerk einer speziellen Band.
Quelle: GRABNEBELFÜRSTEN – Pro-Depressiva von Mystagog / NecroWeb Magazin.
weiter...