Bewertung : 8 von 10 Punkte
Wer aufgrund von Image und Herkunft der mexikanischen Split Heaven auf Western-geschwängerten Metal und Kopfkino mit Kakteen, rot schimmernder Wüste, Sandhexen und whiskeygetränkten Shootouts hofft, wird von “The Devil’s Bandit” enttäuscht sein. Musikalisch regiert hier europäischer Power Metal; der ist dafür so gut dargeboten und produziert, dass man die fehlende Musikalisierung des Cowboy-Themas gar nicht mehr vermisst.
Besonders angetan haben es Split Heaven wohl die britischen Überväter von Judas Priest. Das zeigt sich beim Gesang von Gian Carlo Farjat, der schon im Infoschreiben mit dem Metal God verglichen wird, aber eigentlich mehr nach Ralf Scheepers klingt und gelegentlich an die Brillanz von Steve Grimmett grenzt (“Waiting For The Angel Of Death” hätte auch auf Grim Reapers “Rock You To Hell” gepasst), es zeigt sich aber auch bei Songs wie dem “March Of The Dead”, der im Intro Erinnerungen an “The Hellion” wach werden lässt. Vage Gemeinsamkeiten mit den nördlichen Nachbarn von Cage kann ich nicht konkretisieren, die Assoziation taucht aber immer wieder unverhofft aus den Prärieschatten auf.
“Runaway” klingt dann regelrecht teutonisch, wenn man sich dazu den Gesang von Chris Boltendahl vorstellt, könnte der Song auch auf einer Grave Digger-Platte stehen.
Split Heaven reiten dabei überwiegend im zügigen Trab, ein gestreckter Galopp wie in “Sinner” ist selten, unterstreicht aber gerade dadurch die akute Dringlichkeit und vermeidet, dass das Pferd unter dem Reiter einknickt.
Trotz redlicher Bemühung um Abwechslung können die Mexikaner es nicht ganz vermeiden, dass irgendwann alle Kakteen ähnlich aussehen. Dafür zielen sie mit ihren sechsschüssigen Refrains so schnell wie treffsicher auf das aurale Gedächtnis und schaffen es so, dass man schon beim zweiten Hören Songs wiedererkennt.
Was “The Devil’s Bandit” ein wenig fehlt, ist der zwingende Charakter, das spannende Lasso, das den Hörer einfängt und ihn so verschnürt, dass er gar nicht anders kann, als sich zu fügen.
Bei aller ohrenschmeichelnder Güte verlieren sich viele Riffs und Refrains in einer gewissen Genre-Beliebigkeit – da wäre es wünschenswert, wenn in Zukunft der Wilde Westen auch musikalische Spuren hinterließe, um Split Heaven einen unverwechselbaren Charakter zu verleihen.
Wenn die Uhr zwölf schlägt und panische Mütter ihre Kinder von der staubigen Straße in die trügerische Sicherheit grob gezimmerter Häuser retten, können Split Heaven sich im direkten Duell durchaus mit einigen Größen messen.
Die gelungene Produktion poliert die Messingschnallen auf Hochglanz, die sechssaitigen Revolver sind gut geölt und der Gesang ist gefährlich genug für eine steckbriefliche Suche.
Mit einem stärkeren mexikanischen Akzent wird das nächste Album zum Pflichtkauf, “The Devil’s Bandit” ist immerhin eine klare Empfehlung.
Quelle: SPLIT HEAVEN – The Devil’s Bandit von Mystagog / NecroWeb Magazin.
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