Bewertung : 3.5 von 10 Punkte
Ich behaupte – und das ist eine mutige Behauptung, weil ich keine Informationen dazu zugrunde legen kann – dass das, was den Brainbogs auf “Marvin” fehlt, Studioerfahrung ist.
Der melodische Hard Rock des Trios wirkt gebremst, zurückgehalten, gefesselt geradezu, obwohl sich immer wieder Ansätze zeigen, die mächtig in diverse Hinterteile treten könnten, wenn sie nur nicht so angeleint wären.
Meine Theorie: Der Click ist schuld. Wenn eine Rockband der rotzigen Sorte erstmals nicht einfach nach Gefühl spielt, sondern die organische Kommunikation durch einen mechanischen Taktgeber ersetzt, stellt sich schnell Befangenheit ein, und wer befangen ist, groovt nicht.
Dabei hat “Marvin” so viel zu seiner Verteidigung vorzubringen: einige tolle Soli, ein gelungener, weil nicht überproduzierter Sound, der noch nach Rock klingt und nicht nach Autotune und ein grundlegendes Verständnis dafür, wie starke Rocksongs funktionieren.
Es fehlen aber die großen Refrains, die großartigen Melodien – und die Energie.
Sänger und Gitarrist Chris erinnert mich in seiner Stimmfarbe immer wieder an Dave Mustaine, ohne aber freilich dessen knurrigen Gesangsstil zu imitieren. Auch sonst bieten die Brainbogs wenig mehr als Standardware des Genres, toll gespielt, zweifellos, aber weder besonders eingängig noch irgendwie speziell.
Hörbar sind gute Laune und die Freude an der eigenen Musik, und ich bin sicher, dass die Band live ungeheuer feiert und gefeiert wird. Dafür ist diese Musik auch gedacht, sie will mit stickiger Hallenluft geatmet und im Schweiß abgerockt werden, nicht in den zahmen Grenzen der eigenen vier Wände gehört und bewertet.
Wenn ich mit meiner Vermutung, dass die Brainbogs erst auf der Bühne richtig zünden, richtig liege, sollten Conny, Chris und Toby sich überlegen, ob sie die nächste Scheibe einfach direkt live einzocken. Da geht vielleicht einiges von der klanglichen Klarheit verloren, aber wen kümmert das, wenn die Musik dafür richtig brennt?
“Marvin” irgendjemandem außer den fanatischsten Hard Rock-Fans zu empfehlen, fällt dagegen leider schwer.
Quelle: BRAINBOGS – Marvin von Mystagog / NecroWeb Magazin.
weiter...